Der Verbindungsbahnentlastungstunnel, kurz VET, ist neben der U5 das derzeit wohl größte und ambitionierteste Verkehrsinfrastrukturprojekt in Hamburg. Es wird für den Nah- und Fernverkehr in und um Hamburg starke Veränderungen mit sich bringen und wird derzeit von Bahn, Bund und der Stadt Hamburg mit großer Vehemenz vorangetrieben.

Ich habe den Eindruck, dass in Hamburg noch gar nicht so richtig durchgedrungen ist, was mit dem VET auf die Stadt zu kommt und was dort für viele Milliarden gebaut werden soll.

https://www.arnewitte.de/verbindungsbahnentlastungstunnel-ein-alternativkonzept-fuer-den-zukuenftigen-bahnknoten-hamburg/Daher möchte ich mich in einem zweiteiligen Beitrag näher mit dem Thema beschäftigen. Was ist der Verbindungsbahnentlastungstunnel, warum soll er gebaut werden und vor allem, was bringt er? Wie der Titel unschwer erahnen lässt, bin ich noch nicht so wirklich überzeugt vom VET. Warum nicht, erkläre ich in diesem Beitrag. Eine Gedankenanregung, was mit dem vielen Geld statt des Verbindungsbahnentlastungstunnel noch möglich wäre, liefere ich im zweiten Teil des Beitrags.

Was ist der Verbindungsbahnentlastungstunnel für die S-Bahn und warum soll er gebaut werden?

Der Bahnverkehr in Deutschland soll durch den sogenannten Deutschlandtakt massiv ausgeweitet und verbessert werden. Im Wesentlichen besteht das Konzept des Deutschlandtakts darin, einen deutschlandweit geltenden integralen Taktfahrplan umzusetzen. Das bedeutet stark verkürzt, dass es über das gesamte Eisenbahnnetz übergeordnete Knotenbahnhöfe („Taktknoten“) geben wird, in denen man kurze Anschlüsse in alle weiteren Richtungen haben wird. Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen, einen etwas tieferen Einstieg in die Thematik liefert der verlinkte Wikipedia-Eintrag.

Beim Deutschlandtakt sollen diese Taktknoten und Umstiege alle 30 Minuten erfolgen. Das heißt also, es finden deutlich mehr Fahrten als heute statt. Für Hamburg bedeutet das beispielsweise, dass in Richtung Ruhrgebiet, Berlin und Frankfurt ganztägig ein Fernverkehrszug alle halbe Stunde verkehren soll. Und auch der Takt des Regionalverkehrs wird damit zur Gewährleistung der Anschlüsse im Taktknoten Hamburg verdichtet.

Ein Problem dabei ist unter anderem, dass die Verbindungsbahn zwischen dem Hamburger Hauptbahnhof und dem neuen Fernbahnhof Diebsteich sowie im Anschluss der Bahnbetriebsanlagen in Langenfelde und Stellingen (wo die Züge ein- und ausgesetzt werden) bereits heute überlastet ist. Diese zusätzlichen Züge können daher überhaupt nicht von der bestehenden Infrastruktur aufgenommen werden.

Derzeit stehen auf der Verbindungsbahn insgesamt vier Gleise zur Verfügung. Zwei werden für den Fern- und Regionalverkehr genutzt, die anderen beiden von der S-Bahn. Ende 2019 kam dann der Bund mit der für die Öffentlichkeit ziemlich überraschenden Idee, einen neuen zweigleisigen S-Bahn-Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich zu bauen, um so zusätzliche Kapazitäten auf der Verbindungsbahn zu erhalten. Die Idee wurde vom damaligen Staatssekretär beim BMDV Enak Ferlemann bei der Eröffnung des S-Bahnhofs Elbbrücken im Jahr 2019 verkündet. Seitdem ist der Verbindungsbahnentlastungstunnel im Wesentlichen ohne Prüfung von Alternativen für Hamburg gesetzt.

In einem Kurzgutachten wurde zunächst zwar noch untersucht, ob ein Tunnel für die Fernbahn oder für die S-Bahn sinnvoller wäre. Das geschah aber sehr halbherzig in einem 14-seitigen Kurzgutachten. Es wurden nur Tunnel zwischen den beiden Start- und Zielpunkten Hauptbahnhof und Diebsteich untersucht, andere Varianten und Lösungen zur Beseitigung des Kapazitätsengpasses der Verbindungsbahn standen nicht zur Diskussion. Der Tunnel musste zudem güterzugfähig sein (das heißt extrem lange Rampen) und durch die dafür nötigen langen Rampen jeweils einen Tunnelbahnhof am Hauptbahnhof und am Dammtor enthalten. Wenig überraschend bei diesen Rahmenbedingungen wurde der Fernbahntunnel ausgeschlossen und der S-Bahn-Tunnel favorisiert.

Das heißt, die zwei S-Bahngleise auf der Verbindungsbahn verschwinden im Tunnel, so dass die vier Gleise der Verbindungsbahn vollständig für den Fern- und Regionalverkehr zur Verfügung stünden. Es soll im weiteren Verlauf geprüft werden, ob der Regionalverkehr zusätzliche Halte an der Sternschanze und/oder der Holstenstraße erhält.

Nachdem die Entscheidung für einen S-Bahn-Tunnel gefallen war, wurde eine weitere Machbarkeitsuntersuchung für den S-Bahn-Tunnel angeschoben. Diese Machbarkeitsstudie untersuchte zunächst die fünf in der untenstehenden Grafik dargestellten Varianten. Die Basisvariante Mitte stellt eine bestandsorientierte Führung unterhalb der Verbindungsbahn dar mit Haltestellen an etwa gleicher Lage wie heute. Zusätzlich wurden zwei Varianten nördlich der Verbindungsbahn über Schlump und Alsenplatz (Basistrasse Nord) beziehungsweise Schlump und Holstenstraße (Alternativtrasse Nord) und zwei südliche Varianten über die Feldstraße und Max-Brauer-Allee (Basistrasse Süd) beziehungsweise Feldstraße und Holstenstraße (Alternativtrasse Süd) untersucht.

Die Karte zeigt Hamburg zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich samt den im Text beschriebenen fünf Trassenvarianten.
Die ursprünglichen fünf Trassenvarianten, die in der Machbarkeitsstudie zum S-Bahn-VET untersucht wurden. Quelle: Deutsche Bahn.

Mittlerweile wurden von der Stadt drei der Varianten ausgeschlossen, so dass nunmehr nur noch die Basistrasse Süd über Feldstraße und Max-Brauer-Allee und die Basistrasse Mitte entlang der bestehenden Verbindungsbahn weiterverfolgt werden.

Die Grafik zeigt eine Karte von Hamburg zwischen Hauptbahnhof und Altona mit den zwei im Text beschriebenen verbliebenen VET-Trassen.
Mittlerweile hat die Stadt drei Varianten ausgeschlossen, es werden nur noch die Basistrasse Mitte und die Basistrasse Süd untersucht. Quelle: Deutsche Bahn.

Die Varianten unterscheiden sich lediglich im farbigen Bereich zwischen Kennedybrücke und Kaltenkircher Platz. Die grau dargestellten Bereiche um den Hauptbahnhof im Osten und ab dem Kaltenkircher Platz im Westen werden in beiden Varianten identisch geplant.

Am Hauptbahnhof soll ein neuer S-Bahnhof unter dem östlichen Bahnhofsvorplatz entstehen, wodurch die beiden heutigen S-Bahn-Gleise in der Bahnhofshalle dem Fern- und Regionalverkehr zugeführt werden können. Am Kaltenkircher Platz soll ein mehrgeschossiges Abzweigbauwerk entstehen, was die Ein- und Ausfädelung vom Verbindungsbahnentlastungstunnel in alle drei anschließenden Richtungen ermöglicht (Altona alt – Citytunnel, Diebsteich – Pinneberg und Lurup/Osdorf für den Bau der geplanten S32 bzw. nach neuen Liniennetz S6).

Der Bau des VET dauert nach Prognosen der Machbarkeitsuntersuchung mindestens 11 Jahre und kann erst nach Fertigstellung des Bahnhofs Diebsteich begonnen werden, was derzeit mit 2027 terminiert ist. Geht man also im optimistischsten Fall davon aus, dass Diebsteich fristgerecht fertiggestellt wird und direkt im Anschluss mit dem Bau des VET begonnen wird, ist eine Fertigstellung frühestens 2038 möglich. Durch die enge räumliche Verzahnung mit der zeitgleich geplanten U5 durch die Hamburger Innenstadt und den sich daraus ergebenden Konfliktpunkten am Hauptbahnhof Nord und am Dammtor muss der Bau beider Projekte an diesen Stellen aufeinander abgestimmt und möglichst zeitgleich erfolgen, was die Situation zusätzlich verkompliziert.

Der Verbindungsbahnentlastungstunnel wird von Seiten der DB als „zwingend notwendig“ angesehen. Verkehrssenator Anjes Tjarks spricht im Zusammenhang vom VET von der „Jahrhundertfrage“ des Eisenbahnknotens Hamburg. Er sei für die Stadt enorm wichtig, um „den Bahnverkehr der Zukunft in Hamburg gestalten und verbessern“ zu können. Es wird sich also einiges erhofft vom VET, er soll den Bahnknoten fit für die langfristige Zukunft machen.

Die Kosten wurden in der Machbarkeitsuntersuchung zwar geschätzt, die Stadt und die Bahn halten sie aber bisher unter Verschluss. Die Höhe vermag ich nicht abzuschätzen. Anhand vergleichbarer Projekte in beispielsweise München (2. Stammstrecke) und der in der Studie beschriebenen Schwierigkeiten in Hamburg (dazu im folgenden Absatz mehr) gehe ich persönlich von einem mindestens zweistelligen Milliardenbetrag aus. Aber das ist nur eine Mutmaßung, das kann ja jeder selber raten.

Der VET ist eine Idee vom Bund, die an den Bedürfnissen Hamburgs vorbeigeht

Als der Bund die Idee des Verbindungsbahnentlastungstunnels aus dem Hut zauberte, waren wohl auch viele Stellen in der Stadt Hamburg überrascht. Seitdem wird das Projekt mit großem Ehrgeiz vorangetrieben. Laut meinem letzten Stand sollen die beiden verbliebenen Varianten noch in diesem Jahr in die Vorplanung gehen.

Ein meiner Meinung nach ziemlich überstürztes Vorgehen für ein so komplexes und teures Großprojekt, bei dem der Öffentlichkeit nie so richtig erklärt wurde, warum gerade diese Lösung die vorteilhafteste sein soll und es im Prinzip auch keine ernsthafte Prüfung von möglichen Alternativen gab. Denn man darf angesichts der bisher bekannten Informationen zum VET durchaus skeptisch sein, dass er so sinnvoll ist.

Meine Ansicht ist folgende: Ich halte den VET für eine Fehlkonzeption. Sein Nutzen ist angesichts der Kosten und des Aufwands, die für ihn nötig sind, sehr überschaubar. Er ist kein zukunftsgerichtetes Jahrhundertprojekt, sondern wird sowohl dem ÖPNV der Stadt als auch dem übergeordneten Eisenbahnverkehr mittel- bis langfristig erhebliche Probleme bereiten. Statt den Versuch zu wagen, die Verkehrsströme in Hamburg neu zu ordnen, um den Hauptbahnhof von zusätzlichen Fahrgästen zu entlasten, ist der Verbindungsbahnentlastungstunnel nur in den bestehenden Strukturen gedacht. Meiner Meinung nach zementiert er dadurch bestehende Probleme für die nächsten Jahrzehnte, statt sie nachhaltig zu lösen und den Bahnknoten Hamburg neu zu strukturieren.

Ich werde in der Argumentation so vorgehen, dass ich zunächst erläutern werde, was in den mindestens 11 Jahren des Baus auf die Stadt zukommt. Ich werde dabei auf die extrem komplizierte Umsetzung zu sprechen kommen und detailliert erläutern, wie der VET den städtischen Verkehr und insbesondere den ÖPNV langfristig lähmt, was für mindestens ein Jahrzehnt massive Fahrgastverluste erwarten lässt. Dafür gibt es eine Reihe an Gründen. Ich werde das anhand der Unterlagen der oben angesprochenen Machbarkeitsuntersuchung zum S-Bahn-Tunnel und des Kurzgutachtens zum alternativ geprüften Fernbahntunnel ausführen.

Im Anschluss werde ich erläutern, wie begrenzt der Nutzen ist, den man sich für all diese immensen Kosten und langjährigen Nachteile erkauft.

Zuletzt werde ich auf Basis dieser Analysen in einem Fazit erläutern, wo meiner Meinung nach die grundsätzlichen Fehler des VET liegen, warum er deswegen die bestehenden Probleme des Bahnknotens Hamburg langfristig verstärkt und warum wir daher nochmal ganz gründlich darüber nachdenken sollten, ob wir den VET wirklich in der Form bauen wollen.

In einem zweiten Beitrag lege ich meine Alternativüberlegungen zum VET dar. Denn eins ist klar: Wir brauchen tatsächlich zukunftsfähige Lösungen für den Bahnknoten Hamburg und einen großen Wurf. Ich fürchte, der VET ist das leider nur hinsichtlich der Kosten, aber leider nicht hinsichtlich des zukunftsfähigen Nutzens.

Was beim Bau auf Hamburg zukommt: Ein für die Verkehrswende verlorenes Jahrzehnt (mindestens)

Die Liste an Nachteilen und bauzeitlichen Einschränkungen ist lang. Schaut man sich die Machbarkeitsuntersuchungen an, wird der massive Aufwand und die Einschränkungen, die für ein gutes Jahrzehnt den Hamburger Verkehr prägen werden, deutlich.

Ich wiederhole es an dieser Stelle bewusst: Die Fragestellung der Machbarkeitsuntersuchung lautete nur, ob und wie der Bau eines S-Bahntunnels zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich möglich ist und welche Variante am besten geeignet wäre. Es ging somit explizit nicht darum zu prüfen, ob der S-Bahntunnel im Vergleich zu anderen Lösungen überhaupt ein sinnvolles Mittel zur Entlastung der Verbindungsbahn ist.

Ein Abgleich, ob Vor- und Nachteile des Tunnels in einem angemessenen Verhältnis stehen oder ob es noch andere Möglichkeiten zur Entlastung des Bahnknotens Hamburg und zur Umsetzung des Deutschlandtakts gäbe, war nicht Bestandteil des Planungsauftrags. Das Mittel stand also schon fest und wurde somit zum Zweck. Es wurde nur das ob und wie geprüft.

Die Antwort der Machbarkeitsstudie auf dieses ob und wie, lässt sich im Prinzip so zusammenfassen: Ja, es geht. Aber es ist extrem schwierig, teuer und mit langjährigen Einschränkungen verbunden, die weite Teile des Hamburger ÖPNV-Netzes und sensible Bereiche des Hamburger Kfz-Netzes betreffen.

Innerhalb der mindestens 11 Jahre Bauzeit werden an mehreren Stellen längerfristig U- und S-Bahnlinien nur stark beeinträchtigt verkehren oder komplett unterbrochen. Insbesondere die S-Bahn wird an so sensiblen Stellen eingeschränkt, dass im gesamten Netz über Jahre nur ein stark eingeschränkter Betrieb möglich sein wird.

In der untenstehenden Karte sind die einzelnen Problempunkte verortet. Die Aufführung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und umfasst nur die von mir als am relevantesten erscheinenden Aspekte, ohne die gesamten Dokumente der Machbarkeitsstudie und des Kurzgutachtens zum alternativen Fernbahntunnel bis ins letzte Detail durchgearbeitet zu haben.

Die Grafik zeigt eine Karte der Hamburgs mit der aktuellen VET-Planung und den Konfliktpunkten und bauzeitlichen Einschränkungen. Alle verorteten Aspekte sind im Beitragstext detailliert erläutert.
Während der Bauzeit des VET wird das Hamburger ÖPNV-Netz an mehreren sensiblen Stellen stark eingeschränkt werden. Zudem gibt es verschiedene Konfliktpunkte mit anderen Großprojekten, so zum Beispiel mit der U5 und der S-Bahn Richtung Lurup.
Durch die offenen Baugruben im Bereich des Haltestellenbaus werden neben den Einschränkungen bei den Schnellbahnen auch viele wichtige Buslinien an mehreren Stellen der Stadt unterbrochen und das Kfz-Netz in den Baustellenbereichen stark beeinträchtigt. Das heißt voraussichtlich langjährig Stau auf den Busumleitungen, für den Wirtschaftsverkehr und den privaten Kfz-Verkehr.

Aber nicht nur die U- und S-Bahn und der gesamte Stadtverkehr werden massiv beeinträchtigt, auch für den Regional- und Fernverkehr bedeutet der Bau des VET voraussichtlich starke Einschränkungen. In Summe erwarte ich, dass der Bau des VET durch die bauzeitlichen Einschränkungen massive Fahrgastverluste des ÖPNV in Hamburg mit sich bringen wird.

Ich halte es darüber hinaus auch für extrem unwahrscheinlich, dass ein so komplexes Großprojekt mit etlichen Abhängigkeiten zu anderen Großprojekten (insbesondere der U5) termingerecht fertig wird. Wie viel länger als die veranschlagten 11 Jahre der Bau des VET und damit auch all die bauzeitlichen Einschränkungen dauern werden, kann heute noch nicht gesagt werden. Das darf jeder selbst mit Blick auf die Terminschienen vergleichbarer Großprojekte mutmaßen.

Natürlich ist klar, dass Baustellen und Einschränkungen für Infrastrukturgroßprojekte unvermeidbar sind. In der Regel hat man dann aber nach Fertigstellung wirklich etwas gewonnen und einen besseren Zustand als vorher. Beim VET ist dies, wie ich im nächsten Abschnitt ausführe, meiner Meinung nach allerdings nicht so. All diese Nachteile entstehen für eine Lösung, die die Situation nicht etwa verbessert, sondern das zentrale Problem des Bahnknotens Hamburg regelrecht verstärkt.

Die in der Karte gezeigten Problempunkte sind in den folgenden aufklappbaren Textblöcken detaillierter erläutert. Ich verweise bei jedem Punkt auf die entsprechenden Seiten aus den Unterlagen. Wer mag, kann also gerne selbst nachlesen.

Wem die Details zu langwierig sind oder wem ein Blick auf die Karte reicht, um eine Vorstellung der Komplexität und Komplikationen des VET-Baus für die Stadt zu erlangen, der kann hier direkt zum nächsten Kapitel springen. Darin werde ich die verkehrlichen Effekte skizzieren, die durch den VET in seiner derzeitigen Form nach Fertigstellung entstehen.

Unterfahrung Museum für Kunst und Gewerbe – für 4 Jahre nur eingleisiger S-Bahn-Betrieb zum Hbf

Der neue S-Bahn-Tunnel verläuft durch einen großen Teil der Kellerräume des Museums für Kunst und Gewerbe. Dadurch werden hier Unterfangungsmaßnahmen des Gebäudes und Umbaumaßnahmen nötig, die dem Museum viel genutzte Kellerfläche nehmen und technisch sehr aufwendig sind. Im Ergebnis kommt die Mackbarkeitsuntersuchung zu dem Fazit, dass „die Machbarkeit nach einer ersten Einschätzung gegeben ist, wenngleich mit hohem baulichen Aufwand“. Weiter heißt es: „In jedem Fall wird ein wesentlicher Bereich des Kellergeschosses des Museums […] nicht mehr zur Verfügung stehen“. Für den Bau müsse „damit gerechnet werden, dass neben einer vierjährigen Sperrung des aktuellen Gleis 1, zusätzlich in kurzen Zeitfenstern von 2- 6 Wochen das Gleis 2 außer Betrieb genommen werden“. (Erläuterungsbericht MKU Seite 257-262).

Die Grafik zeigt ein 3D-Modell vom Keller des Museums für Kunst und Gewerbe mit der Kollision des geplanten Tunnelbaus, der durch weite Teile des Kellers führt.
Der VET führt durch weite Teile des Kellers des Museums für Kunst und Gewerbe, wie in dieser 3D-Darstellung ersichtlich. Das Gebäude muss daher aufwendig abgefangen und die betroffenen Bereiche der Keller abgerissen werden. Dafür ist eine vierjährige Teilsperrung des bestehenden S-Bahn-Tunnelbahnhofs am Hauptbahnhof nötig, kurzfristig müssen auch beide Gleise gesperrt werden. Quelle: Machbarkeitsuntersuchung VET/Deutsche Bahn.

Durch die Unterfangungsmaßnahmen am MKG kommt also eine langjährige Teilsperrung der Zufahrt zum bestehenden Tunnelbahnsteig der S-Bahn am Hauptbahnhof zu, teilweise mit zusätzlichen Vollsperrungen der Station. Dies wird über Jahre starke Betriebseinschränkungen bei der S-Bahn im Bereich Hauptbahnhof mit sich bringen, zusätzlich zum weiter unten beschriebenen mehr als sechsjährig nur eingleisigen benutzbaren City-Tunnel der S-Bahn.

Abriss Zugangsebene U1/U3 Hauptbahnhof Süd und Straßensperrungen

Der Bau des neuen Tunnelbahnhofs des VET auf der Ostseite des Hauptbahnhofs steht in Konflikt mit der sich dort befindenen Verteilerebene des U-Bahnhofs Hauptbahnhof Süd, welche die Zugänge zur U1 und U3 gewährleistet. Die in der Grafik gelb markierten Bereiche der Verteilerebene müssen für den VET-Bau abgerissen werden, um Platz für den auf der rechten Seite des Bildes blau markierten Neubau des VET-Bahnsteigs zu schaffen (Erläuterungsbericht MKU S. 158-161). Diese umfangreichen Arbeiten erfordern höchstwahrscheinlich eine Betriebsunterbrechung der U1 und U3, deren Dauer jedoch nicht näher ausgeführt wird. Durch die offene Baugrube wird der Fußgänger, Bus- und Kfz-Verkehr auf dem Hachmannplatz und Steintordamm stark eingeschränkt bis unmöglich (Erläuterungsbericht MKU S. 234). Auch die Dauer dieser Einschränkungen wird nicht näher erläutert.

Die Grafik zeigt die abzureißenden Bereiche der U1 und U3 Verteilerebene am Hauptbahnhof Süd.
Die auf der linken Seite der Grafik gelb markierten Bereiche der U1/U3 Verteilerebene müssen abgerissen werden, da an diese Stelle der in der rechten Grafik blau markierte neue Tunnelbahnsteig der S-Bahn entstehen soll. Beide U-Bahn-Linien müssen für den Bau gesperrt werden. Quelle: Machbarkeitsuntersuchung VET/Deutsche Bahn.
Konflikt mit U5-Planung Hauptbahnhof Nord

Die Planung des Verbindungsbahnentlastungstunnels kollidiert im Bereich Hauptbahnhof Nord mit den Planungen zur U5 und insbesondere dem Erschließungskonzept der Haltestelle. Die Machbarkeitsstudie löst diese Konflikte nicht, sondern verweist auf die zukünftig erforderliche Planung eines Gesamtkonzepts von VET und U5 im Bereich der Haltestelle Hauptbahnhof Nord in enger Abstimmung von DB und Hochbahn. Die Planung soll so erfolgen, dass VET und U5 gleichzeitig gebaut werden und nur eine Baugrube benötigt wird. (Erläuterungsbericht MKU S. 164-168). Die zeitlichen Abhängigkeiten des Baus werden somit deutlich verkompliziert. Dieses Problem betrifft auch die im weiteren Verlauf beschriebene Planung der Haltestelle Dammtor. 

Die Grafik zeigt einen Lageplan mit den Konfliktpunkten der U5 und des VET am Hbf Nord auf Bahnsteigebene
Die Grafik zeigt einen Lageplan mit den Konflikten der U5 und des VET auf Verteilerebene
Die VET-Planung kollidiert auf mehreren Ebenen am Hbf Nord mit der U5. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.
Abriss und Neubau Ernst-Merck-Brücke und Verteilerebene U2/U4 Hauptbahnhof Nord

Um die Gleise des VET an den Bestand im Nordkopf des Hauptbahnhofs anzuschließen, sind einige bauliche Anpassungen nötig. Um diese durchzuführen müssen Teile der Verteilerebene der U2/U4, der Ernst-Merk-Brücke abgerissen und neu gebaut werden (Erläuterungsbericht MKU S. 273-274). Der Kfz-Verkehr wird hier in der Zeit der Bauarbeiten nicht möglich sein.

Die Grafik zeigt den abzureißenden Bereich nördlich des Hauptbahnhofs. Betroffen sind unter anderem Teile der Ernst-Merck-Brücke und der Verteilerebene der U2/U4/U5 Haltestelle Hauptbahnhof Nord.
Der gelb markierte Bereich muss im Zuge des VET-Baus abgerissen und neu gebaut werden. Dies betrifft also unter anderem Teile der Ernst-Merck-Brücke als auch der Verteilerebene des U-Bahnhofs Hauptbahnhof Nord. Quelle: Machbarkeitstudie VET/Deutsche Bahn.
Teilabriss des City-Tunnels der S-Bahn – für mindestens 6 Jahre und 8 Monate nur eingleisiger Betrieb möglich

Die Planungen des VET überlagern sich nördlich des Hauptbahnhofs mit den bestehenden Tunnelröhren des City-Tunnels zwischen Hauptbahnhof und Jungfernstieg. Daher muss in einem ersten Schritt bei laufendem Betrieb ein neuer Tunnelabschnitt bis hinein in die Binnenalster zum City-S-Bahn-Tunnel gebaut werden und in einem zweiten Schritt der alte Tunnelabschnitt abgerissen und der City-Tunnel an den vorher gebauten neuen Abschnitt angeschlossen werden. In der dritten und letzten Bauphase muss dann die andere Röhre außer Betrieb genommen werden, um bauliche Anpassungen vorzunehmen. Somit ergeben sich insgesamt mindestens sechs Jahre und acht Monate, in denen nur eine Röhre der City-S-Bahn zur Verfügung stehen wird (Erläuterungsbericht MKU S. 275-282). Das wird starke Betriebseinschränkungen bei der S-Bahn im Bereich Hauptbahnhof mit sich bringen, zusätzlich zu der vierjährigen Gleissperrung am MKG.

Konflikt U5 und Baugruben/Straßensperrung für die Station Dammtor

Je nachdem, ob die Basistrasse Mitte oder die Basistrasse Süd gewählt wird, entstehen entweder nördlich des Dammtorbahnhofs unter dem Theodor-Heuß-Platz oder südlich davon unter dem Dag-Hammarskjöld-Platz die Baugruben für die Station Dammtor. Auch hier wird es mehrjährige verkehrliche Beeinträchtigungen geben, da die Baugruben neben den zentralen Verkehrsflächen auch die angrenzenden Straßen wie z.B. die Dammtorstraße (Südvariante) oder die Rothenbaumchaussee und den Mittelweg (Nordvariante) unterbrechen.

Der Busverkehr um den Dammtorbahnhof wäre auf Jahre nur eingeschränkt möglich, der übrige Kfz-Verkehr ebenso. Die Stadt Hamburg hat sich mittlerweile gewünscht, dass bei beiden verbliebenen Varianten die Haltestelle am Dammtor südlich gebaut werden soll. Ob dieser Wunsch im Falle der Basistrasse Mitte umgesetzt werden kann, soll jetzt geprüft werden, kann bei einem solch komplexen Projekt aber nicht vorausgesetzt werden. Hinzu kommt bei der Südvariante, dass die VET-Haltestelle ähnlich wie im Falle Hauptbahnhof Nord zusammen mit der U5-Haltestelle als Gesamtkonzept geplant und gebaut werden soll. Es ist also eine sehr enge inhaltliche und zeitliche Abstimmung zwischen DB und Hochbahn erforderlich, was die Terminschiene der Umsetzung deutlich verkompliziert. (Erläuterungsbericht MKU S. 235)

Die Grafik zeigt einen Ausschnitt aus dem Übersichtslageplan des VET mit den Standorten beider Varianten für den Haltepunkt Dammtor, die sich wie im Text beschrieben nur unter großflächigen Straßensperrungen errichten lassen.
Der Tunnelbahnhof Dammtor wird in beiden Varianten zu großflächigen Straßensperrungen im Bereich Dammtor führen. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.
Sperrung der Verbindungsbahn für Bau Überwerfungsbauwerk zwischen Diebsteich und Dammtor

Im Rahmen des VET ist für die vier Gleise auf der Verbindungsbahn ein großes Überwerfungsbauwerk geplant. Das bedeutet, dass sich die Gleise dort in unterschiedlichen Höhen kreuzen, um Züge von einem Gleis ohne Fahrtkonflikt mit einem anderen Gleis kreuzen lassen zu können.

Dies liegt darin begründet, dass im den VET begleitenden Konzept für den Fern- und Regionalverkehr im Deutschlandtakt der Hauptbahnhof betrieblich in zwei Teile getrennt werden soll, um in den Gleisvorfeldern kreuzende Züge und die daraus resultierenden Sperrungen der zu kreuzenden Gleise für andere Züge zu vermeiden.

Der östliche Teil des Hauptbahnhofs wird dann nur noch für die Linien mit Zielen Richtung Berlin und Lübeck genutzt, während die westlichen vier Gleise für die Linien Richtung Harburg und den daran anschließenden Strecken Richtung Bremen und Hannover genutzt werden. Die Gleise am neuen Fernbahnhof Diebsteich hingegen sollen im Richtungsbetrieb genutzt werden. Das heißt, an den Bahnsteigen fahren nicht die Züge gleicher Linien ab, sondern die Gleise beider Bahnsteigkanten werden in Fahrten in die gleiche Richtung genutzt. (ähnlich wie dies beispielsweise in kleinem Maßstabe bei den U-Bahn-Haltestellen Kellinghusenstraße oder Berliner Tor getan wird oder bei der S-Bahn am Hauptbahnhof oder bei der Fern-/Regionalbahn am Bahnhof Berlin Spandau).

Die Grafik zeigt einen schematischen Spurplan der Gleise zwischen Diebsteich und Hauptbahnhof mit dem im Text beschriebenen geplanten Überwerfungsbauwerk.
Schematischer Spurplan für das neue Überwerfungsbauwerk und das geplante Betriebskonzept zwischen Diebsteich und Hauptbahnhof nach Fertigstellung des VET. Quelle: Kurzgutachten VET Variantenbetrachtung/BMVI. Klicken zum Vergrößern

Um nun aber zwischen Diebsteich vom Richtungsbetrieb in den geplanten Linienbetrieb am Hauptbahnhof wechseln zu können, müssen sich die Gleise kreuzen. Und das soll konfliktfrei ohne höhengleiche Kreuzungen passieren, da die Kapazität der Strecke darunter stark leiden würde. Da zwischen Dammtor und Hauptbahnhof vermutlich nicht genügend Länge für die Rampen dieses Bauwerks ist, soll dieses Bauwerk bereits zwischen Diebsteich und Dammtor entstehen, so dass die Züge bereits im Linienbetrieb vorsortiert im Dammtor ankommen und dann so auch bis zum Hauptbahnhof weitergeführt werden können.

In den Grafiken aus dem Kurzgutachten von SMA zum Verbindungsbahnentlastungstunnel ist das schematisch dargestellt. Die obere Grafik zeigt den Bereich von Diebsteich bis Dammtor, die unteren beiden Grafiken den Bereich Dammtor bis Hauptbahnhof, links in der Bestandssituation, rechts mit der geplanten betrieblichen Trennung der beiden Bahnhofshälften nach Fertigstellung des VET. Im Bereich des Überwerfungsbauwerks zwischen Diebsteich und Dammtor wird der Richtungsbetrieb aus Diebsteich dann höhenfrei in den Linienbetrieb am Dammtor überführt, was das aufwendige Überwerfungsbauwerk erforderlich macht (SMA-Kurzgutachten S. 3-6).

Dieses Bauwerk muss also irgendwo zwischen Dammtor und Diebsteich in die Verbindungsbahn gebaut werden. Auch das ist ein starker Eingriff in die Bestandsstrecke, die voraussichtlich nur mit zeitweise Vollsperrungen der Verbindungsbahn, zumindest aber mit längeren Teilsperrungen möglich ist. Abgesehen von den betrieblichen Einschränkungen kommen auf den dicht bebauten Bereich entlang der Verbindungsbahn hohe und lange Brücken und Rampen in einer zusätzlichen Ebene zu, die städtebaulich nur sehr anspruchsvoll zu integrieren sein werden.

Baugrube/Straßensperrung Neuer Pferdemarkt für die Kehr- und Abstellanlage westlich der Station Feldstraße

Im Falle der Basistrasse Süd ist westlich der Station Feldstraße ein doppelter Gleiswechsel mit einem Kehr-/Abstellgleis geplant. Der Stationsbau selbst ist südlich der Feldstraße vorgesehen, die Baugrube wird daher nur wenig Einschränkungen für den Oberflächenverkehr auf der Feldstraße haben. Aber auch die Gleisverbindungen und das Abstellgleis werden in offener Bauweise erstellt, wodurch sich die Baugrube vom Hochbunker bis hin zum Neuen Pferdemarkt erstreckt. Die Kreuzung Stresemannstraße/Neuer Kamp/Budapester Straße wird somit mehrjährig unterbrochen oder nur eingeschränkt nutzbar sein, wodurch auch die dort verkehrenden Metrobuslinien 3, X3, 17 und der übrige Kfz-Verkehr stark eingeschränkt werden. (Erläuterungsbericht MKU S. 303)

Die Grafik zeigt einen Lageplanausschnitt mit der im Text beschriebenen Haltestelle Feldstraße und der westlich anschließenden Kehr- und Abstellanlage unter dem Neuen Kamp und dem neuen Pferdemarkt.
Für den Bau der Kehr- und Abstellanlage westlich der Station Feldstraße wird eine offene Baugrube über den Neuen Pferdemarkt errichtet. Der Verkehr an der Oberfläche wird stark eingeschränkt. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.
Baugrube/Straßensperrung Max-Brauer-Allee/Holstenstraße für die Station Max-Brauer-Allee

Im Falle der Basistrasse Süd erfolgt auch der Bau der Station Max-Brauer-Allee in offener Bauweise, wodurch eine mehrjährige Baugrube nötig wird, die den Verkehr entlang der Holstenstraße bis hin zur Kreuzung Max-Brauer-Allee stark beeinträchtigen wird. Die Metrobuslinien 15, 20 und 25 werden mehrjährig nur stark eingeschränkt verkehren können, ebenso der übrige Kfz-Verkehr dort. (Erläuterungsbericht MKU S. 301).

Die Grafik zeigt einen Lageplanausschnitt der im Text beschrieben Station Max-Brauer-Allee
Die Baugrube für die Station Max-Brauer-Allee wird die Kreuzung Max-Brauer-Allee/Holstenstraße stark einschränken. Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.
Baugrube/Straßensperrung Stresemannstraße für Station Holstenstraße

Im Falle der Basistrasse Mitte erfordert auch der Bau der Haltestelle Holstenstraße eine mehrjährige Baugrube, die sich von der Kreuzung Alsenstraße bis hin zur Kreuzung Holstenstraße/Kieler Straße zieht. Die dort verkehrenden Metrobuslinien 3, X3, 20 und 25 werden also nur stark eingeschränkt oder zeitweise gar nicht verkehren können. Gleiches gilt für den übrigen Kfz-Verkehr (Erläuterungsbericht MKU S. 302).

Die Grafik zeigt einen Lageplan der im Text beschriebenen Station Holstenstraße.
Durch die offene Baugrube für den Bau der Station Holstenstraße wird die Stresemannstraße und die Kreuzung Holstenstraße/Alsenstraße langjährig nur stark eingeschränkt bis gar nicht befahrbar sein. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.
Baugrube Abzweigbauwerk Stresemannstraße/Kaltenkircher Platz mit Betriebsunterbrechung S-Bahn, Straßensperrungen und Aufschiebung der geplanten S-Bahn nach Lurup

Um westlich des VET an den S-Bahnhof Altona, den neuen Fernbahnhof Diebsteich und die geplante S-Bahn-Strecke Richtung Lurup/Osdorfer Born anschließen zu können, ist unter der Stresemannstraße auf Höhe des Kaltenkircher Platzes ein mehrstöckiges Verzweigungsbauwerk vorgesehen, welches die Ein- und Ausfädelung in alle genannten Richtungen ermöglichen soll (Erläuterungsbericht MKU S. 204-207). Für die Herstellung dieses Bauwerks wird sich in diesem Bereich eine Baugrube erstrecken, die den dortigen Kfz-Verkehr und die dort verkehrenden Metrobuslinien 3 und X3 stark einschränken werden. Diese Baugrube soll auch als Startschacht für die Tunnelbohrmaschine dienen (Erläuterungsbericht MKU S. 243-244).

Zudem befinden sich im Bereich der geplanten Baugrube auch Stützen der S-Bahn Überführung. Diese müssen zunächst gesichert und in der Baugrube abgefangen werden, wofür die S-Bahn-Gleise für einen nicht näher genannten Zeitraum gesperrt werden müssen. Sollte der Vorschlag in der Machbarkeitsstudie sich als nicht umsetzbar herausstellen, müsste die Brücke in dem Bereich abgerissen werden. (Erläuterungsbericht S. 283) Für den Bau müssen außerdem die Gebäude des Gewerbeparks Altona Nord an der Stresemannstraße abgerissen werden, sie sollen nach Fertigstellung des VET an gleicher Stelle neu gebaut werden.

Die Grafik zeigt einen Lageplanausschnitt des im Text beschriebenen Abzweigbauwerks Kaltenkircher Platz
Die Baugrube für das Abzweigbauwerk Kaltenkircher Platz wird sowohl den S-Bahn-Betrieb als auch den Straßenverkehr auf der Stresemannstraße stark einschränken. Die gelb markierten Gebäude müssen abgerissen und neu gebaut werden. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.

Durch die Neukonzeption des S-Bahn-Netzes an dieser Stelle ist auch die ursprünglich geplante Ausfädelung der S-Bahn nach Lurup nicht mehr möglich. Sie kann nach aktuellem Stand erst gebaut werden, sobald der Verbindungsbahnentlastungstunnel fertig ist. Damit werden Lurup und Osdorfer Born noch bis zur zweiten Jahrhunderthälfte auf ihren seit Jahrzehnten versprochenen Schnellbahnanschluss warten müssen.

Neubau S-Bahn-Station Diebsteich – Konflikt mit geplanten Hochbauten östlich des Fernbahnhofs mit mindestens Vollsperrung S-Bahn

Im Rahmen der VET-Planung soll die bisher oberirdisch geplante S-Bahn-Station des neuen Fernbahnhofs Diebsteich durch eine viergleisige Tunnelstation ersetzt werden. Hierfür gibt es mehrere Varianten, welche sich im Wesentlichen als westlich, unter und östlich der bestehenden Fernbahnsteige beschreiben lassen.

Die favorisierte östliche Variante steht dabei im Konflikt mit den Tiefgaragen der östlich des Bahnhofs geplanten Hochhäuser. Sollte hierfür keine Lösung gefunden werden, müsste die Station entweder westlich oder unter den Fernbahnsteigen gebaut werden. Dadurch wird südlich und nördlich des Bahnhofs eine Kreuzung der Fernbahngleise nötig, die für den Bau daher je nach Variante komplett oder teilweise gesperrt werden müsste. Im schlechtesten Fall bedeutet das laut MKU folgendes: „Für einen zum jetzigen Zeitpunkt nicht definierbaren Zeitraum käme der Zugverkehr im Bahnhof Diebsteich vollständig zum Erliegen. […] Hamburg Langenfelde als Abstell- und Werkstandort für den Schienenpersonenverkehr wäre über die Güterumgehungsbahn nur noch in geringem Maße erreichbar. […]“.

Das heißt, der gesamte Bahnverkehr am Bahnhof Diebsteich und von Hamburg Richtung Nordosten würde eingestellt und der gerade neu errichtete Bahnhof müsste in Teilen wieder abgerissen und anschließend wieder aufgebaut werden. Auch das Betriebswerk in Langenfeld wäre kaum noch erreichbar, wodurch der Bahnknoten in Hamburg zu großen Teilen nicht einsatzfähig wäre (Erläuterungsbericht MKU S. 113).

Die Machbarkeitsstudie favorisiert daher die Variante III auf der Ostseite des Bahnhofs trotz des Konflikts mit der Hochbau-Planung des Fernbahnhofs Diebsteich. Auch die Stadt hat sich deswegen mittlerweile auf diese Variante festgelegt. Aber selbst wenn diese Konflikte gelöst werden können, führt auch sie zu einer Vollsperrung der S-Bahn und ggf. eines Fern- und Regionalbahnsteigs (Erläuterungsbericht MKU S. 116-117) für nicht näher bestimmte Zeit.

Und wer weiß bei einem solch komplexen Projekt, ob die Wünsche der Stadt Hamburg letztlich bautechnisch und rechtlich-organisatorisch umgesetzt werden können und am Ende nicht doch eine der anderen Varianten mit deutlich stärkeren Einschränkungen umgesetzt werden muss?

Die Grafik zeigt einen Lageplanausschnitt der im Text beschrieben Vorzugsvariante für den S-Bahn-Tunnelbahnhof Diebsteich.
Lageplan der Vorzugsvariante für den S-Bahn-Tunnelbahnhof Diebsteich. Eine Sperrung von mindestens den S-Bahn-Gleisen ist nötig, möglicherweise auch von Teilen der Fern- und Regionalbahngleise. Quelle: Machbarkeitsstudie VET/Deutsche Bahn.

Was mit Fertigstellung auf Hamburg zukommt: Nachteile für den ÖPNV und eine Zementierung der Probleme des Fern- und Regionalverkehrs

Nachdem wir uns angesehen haben, was der Stadt während des VET-Baus bevorsteht, möchte ich nun den Nutzen beleuchten, den der VET einerseits für den Hamburger ÖPNV und andererseits für den Deutschlandtakt, also den Fern- und Regionalverkehr, bringt. Dieser Nutzen ist nämlich für den Hamburger ÖPNV nachgewiesen gar nicht und für den Fern- und Regionalverkehr meiner Ansicht nach nur sehr begrenzt vorhanden. Warum, führe ich im Folgenden aus.

Für den Hamburger ÖPNV bringt der VET Nachteile

Was den Hamburger ÖPNV angeht, werden die für den VET auszugebenden Milliarden keinen Nutzen haben, sondern voraussichtlich sogar zu weniger Fahrgästen führen. Denn egal welche der beiden verbliebenen Trassen gewählt werden – durch die Tunnellage der Stationen in großer Tiefe verlängern sich die Zugangs- und Umstiegswege zum S-Bahnsystem für die Fahrgäste derart, dass es Modellrechnungen zufolge je nach Variante sogar zu einem leichten Fahrgastrückgang käme.

In Verbindung mit den weiter oben detailliert ausgeführten massiven Einschränkungen des S-Bahn-, U-Bahn- und Busverkehrs in Hamburg während der über zehnjährigen Bauzeit bedeutet das also einen herben Rückschlag für die Verkehrswende und voraussichtlich einen massiven Verlust an Fahrgästen. Erfahrungsgemäß wird es Jahre dauern, bis die einmal durch langfristige Angebotsverschlechterungen zu anderen Verkehrsträgern abgewanderten Kunden wieder zum ÖPNV zurückkehren. Zumal der VET für die Fahrgäste des Hamburger ÖPNV im Vergleich zum Status Quo wie beschreiben eher eine Verschlechterung darstellt.

Darüber hinaus bedeutet die Umsetzung des Verbindungsbahnentlastungstunnels auch, dass die geplante Linie S32 (ursprünglich, nach neuem Linienkonzept S6) in Richtung Lurup und Osdorfer Born erst nach Fertigstellung des VET gebaut werden kann. Das wiederum bedeutet, dass sich die seit Jahrzehnten versprochene Schnellbahnanbindung dieses Teils der Stadt, die nun endlich angegangen werden sollte, vermutlich bis weit in die zweite Jahrhundertwende zieht, so sie denn jemals kommt. Angebotsverbesserungen für die dort lebenden Menschen, um die Verkehrswende voranzubringen, wird es dort also auf lange Zeit wegen des VET nicht geben können.

Kaum Nutzen im Fern- und Regionalverkehr – der VET löst nur einen kleinen Teil der Probleme, das größte verstärkt er sogar

Auch was den Fern- und Regionalverkehr angeht, ist die Bilanz des VET angesichts seiner hohen Kosten eher ernüchternd. Ja, die Verbindungsbahn wird entlastet und durch den VET können am Hauptbahnhof die zwei ehemaligen S-Bahn-Gleise in der Bahnhofshalle für den Fern- und Regionalverkehr genutzt werden. Aber: Die Verbindungsbahn ist nur eines von mehreren Problemen des Bahnknotens Hamburg, die dem Deutschlandtakt im Wege stehen. Dazu kommen nämlich:

  1. Der von der Bahn als überlasteter Schienenweg erklärte Abschnitt umfasst gar nicht nur die Verbindungsbahn, sondern den gesamten Abschnitt vom Abzweig Rainweg (westlich der Holstenstraße) bis nach Harburg. Denn die Bahnstrecken über die Elbbrücken sind ebenso wie die Verbindungsbahn überlastet und können im Prinzip keine zusätzlichen Züge aufnehmen
  2. Die Bahnstrecke Hamburg-Berlin ist auf etwa 3 km Länge zwischen Berliner Tor und der Güterumgehungsbahn nur eingleisig. Um den Deutschlandtakt stabil fahren zu können muss dieser Abschnitt zweigleisig werden
  3. Der Hauptbahnhof als Dreh- und Angelpunkt des Bahnknotens Hamburg ist völlig überlastet
Die Grafik zeigt eine Karte mit den im Text beschriebenen Problempunkten des Bahnknotens Hamburg.
Der VET löst trotz seiner immensen Kosten und Komplexität nur eines von vier Problemen des Bahnknotens Hamburg. Für das Hauptproblem, den überlasteten Hauptbahnhof, ist der VET keine Lösung, sondern ein zusätzliches Problem. Klicken zum Vergrößern.

Zwar sollen die ersten beiden Punkte im Zuge des Ausbaus des Bahnknotens Hamburg ebenfalls angegangen werden. Das zweite Gleis auf der Hamburg-Berliner Bahn soll kommen. Und auch bei den für den Bahnverkehr Richtung Süden so wichtigen Elbbrücken gibt es Bewegung.

Punkt 1 – Überlastung des Abschnitts Hauptbahnhof bis Harburg

Der Verbindungsbahnentlastungstunnel entlastet nur einen kleinen Teil des von der Bahn als überlastet angemeldeten Schienenwegs. Der deutlich längere und ebenso problematische Teil geht über den Hauptbahnhof hinaus noch weiter bis nach Harburg. Hier müssen sowohl die Überführungen über die Norderelbe als auch die über die Süderelbe saniert bzw. sogar abgerissen und neu gebaut werden. Und das im gleichen Zeitraum, in dem bereits der Bau des VET zu den oben erläuterten massiven Einschränkungen im Bahnverkehr führen wird.

Die Süderelbbrücke wird ab 2028 abgerissen und soll bis 2036 neu gebaut werden. Dort gibt es bereits acht Gleise – zwei für die S-Bahn, sechs für den übrigen Bahnverkehr. Und auch die Norderelbbrücken müssen saniert werden. Sie sind ohnehin, ähnlich wie die Verbindungsbahn, ein großer Flaschenhals im Netz, denn anders als bei der Süderelbbrücke gibt es hier nur insgesamt sechs Gleise, wovon ebenfalls zwei für die S-Bahn belegt sind. Der übrige Bahnverkehr kann somit nur 4 Gleise nutzen. Unter anderem aus diesem Grund gilt die Eisenbahninfrastruktur zwischen Hauptbahnhof und Harburg ebenso wie die Verbindungsbahn als überlastet. Die Bahn und die Stadt haben sich darauf verständigt, im Zuge der Sanierung den Bau zweier zusätzlicher Gleise über die Norderelbe zu prüfen. Und auch an anderen Stellen zwischen Hauptbahnhof und Harburg sollen durch Optimierungen der Gleise Kapazitäten gesteigert werden.

Aber, und das ist wichtig für den VET: Ist die Erweiterung der Norderelbbrücken auf sechs Gleise für den Fern- und Regionalverkehr nicht möglich, haben auch die Kapazitätserweiterungen des VET nordwestlich des Hauptbahnhofs nur sehr begrenzten Nutzen, da der VET nur Besserung für einen kleinen Teil des überlasteten Abschnitts bringt. Viele zusätzlichen Züge des Deutschlandtakts würden vermutlich bereits an den Kapazitätsgrenzen zwischen Harburg und Hauptbahnhof scheitern.

Punkt 2 – eingleisiger Abschnitt zwischen Berliner Tor und Rothenburgsort

Hier gibt es zum Glück nicht ganz so viel zu schreiben. Meines Wissens soll das zweite Gleis kommen und dieser Engpass beseitigt werden.

Das Kernproblem des Eisenbahnknotens Hamburg wird durch den VET nicht gelöst, sondern verstärkt

Punkt 3 – die Überlastung des Hauptbahnhofs

Der Knackpunkt ist aber meiner Meinung nach: Während Punkt 1 und 2 zumindest auf der Agenda stehen, gibt es für den dritten Punkt hingegen bisher eigentlich so gut wie gar nichts. Und leider ist genau dieser Punkt der Flaschenhals des Bahnknotens Hamburg. Es werden also alle Zulaufstrecken für die Aufnahme von zusätzlichen Zügen zum Hauptbahnhof fit gemacht, wo sie dann auf einen bereits heute völlig überlasteten Hauptbahnhof treffen.

Was bringt aber die Ertüchtigung und Kapazitätssteigerung aller Zulaufstrecken, wenn es für den Bahnhof selbst bis auf kosmetische Verbesserungen kein Konzept gibt und somit der zentrale Bahnhof die zusätzlichen Verkehre gar nicht aufnehmen kann? Und ich möchte hier nicht missverstanden werden: Ich rede hier gar nicht mal vom Zugverkehr, sondern vom Fußverkehr – den zusätzlichen Fahrgästen, die sich auf gleichbleibender Fläche aus den Fern- und Regionalzügen über die bereits heute völlig überfüllten Bahnsteige und Nord- und Südsteg weiter bis in die Verteilerebenen und Bahnsteige der umliegenden S- und U-Bahn-Stationen ergießen werden.

Die eisenbahnbetriebliche Kapazität des Hauptbahnhofs soll ja durchaus erhöht werden. Durch den VET werden die beiden Bahnsteigkanten der S-Bahn in der Bahnhofshalle frei, da dort ja ein neuer Tunnelbahnhof für die S-Bahn entstehen soll. Der alte S-Bahnsteig soll dann für den Fern- und Regionalverkehr verlängert und umgenutzt werden. Zusätzlich plant die Bahn den Bau einer weiteren neuen Bahnsteigkante an der Stelle des heute durchgebundenen Gütergleises in der Mitte der Bahnhofshalle. Das heißt, es sollen zusätzlich zu den acht bereits bestehenden insgesamt drei neue Bahnsteigkanten im Hamburger Hauptbahnhof entstehen.

Letztlich glaube ich, dass das für die Bewertung der Pläne aber fast unerheblich ist. Denn selbst wenn man mit diesen drei neuen Bahnsteigkanten und der Durchbindung von Regionalzügen alle zusätzlich geplanten Verkehre theoretisch eisenbahnbetrieblich stabil fahren kann, hat man meiner Meinung nach kaum etwas gewonnen. Denn das Problem für einen stabilen und attraktiven Betrieb am Hauptbahnhof sind nicht allein die Züge, sondern eine weitere Komponente, die ich bereits oben ansprach und die man bei eisenbahnbetrieblichen Überlegungen nicht vergessen sollte: die Fahrgäste.

Mehr als 500.000 tägliche Reisende am Hauptbahnhof führen bereits heute regelmäßig zu völlig überfüllten Bahnsteigen und zu kaum noch nutzbaren Nord- und Südsteg. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2040 mit 750.000 Fahrgästen täglich gerechnet werden kann. Also nochmal etwa 50 % mehr als heute. Und das ist nur ein Durchschnittstag und kein verkehrsreiches Ereignis wie z.B. zu Ferienbeginn, Ostern oder Weihnachten. Selbst wenn die Züge theoretisch wunderbar über die zusätzlichen Gleise abgewickelt werden könnten – wie soll das mit all den Menschen funktionieren, die am Hauptbahnhof ein-, aus- und umsteigen wollen?

Mir jedenfalls fehlt beim Blick auf die bisherigen Planungen dafür die Vorstellungskraft und sie bieten dafür auch keine schlüssigen Lösungen – geschweige denn, dass sie das Thema überhaupt adressieren. Das heißt meiner Meinung nach: Selbst wenn die drei zusätzlichen Bahnsteigkanten eisenbahnbetrieblich für einen stabilen Betrieb reichen sollten, wird spätestens der Fahrgastwechsel der Betriebsstabilität und der Nutzbarkeit/der Attraktivität des Hauptbahnhofs einen Strich durch die Rechnung machen.

Die bisherigen Pläne für die Umgestaltung des Hauptbahnhofs sind ein Immobilienprojekt ohne nennenswerten verkehrlichen Effekt

Die Stadt und die Bahn haben zwar in den vergangenen Jahren immer wieder betont, dass sie das Thema Hauptbahnhof vorantreiben möchten. Bis auf die zusätzlichen Treppen von der Steintorbrücke auf die südlichen Bahnsteigenden ist aber in der Realität nichts passiert. Es gab dann im Jahr 2021 ein Wettbewerbsverfahren, in dem neue Ideen für den Hauptbahnhof entwickelt werden sollten. Dieses Verfahren wurde inzwischen auch mit einem Gewinnerentwurf abgeschlossen.

Aber, das möchte ich hier einmal ganz deutlich sagen, weil es vielen Leuten nicht bewusst zu sein scheint (und die Bahn und die Stadt es meiner Ansicht nach auch anders verkaufen): Dabei handelt es sich ausschließlich um eine städtebaulich-freiraumplanerische Planung mit Unterbringung vieler Büro- und Gewerbeflächen, die kaum bis keinen Einfluss auf die verkehrlichen Verhältnisse am Hauptbahnhof hat.

Die Grafik zeigt einen Szenarioplan und zwei Schnitte des im Text beschriebenen Entwurfs zur Umgestaltung des Hauptbahnhofs.
Die im Wettbewerbsentwurf als Modul B bezeichnete neue Halle über der Steintorbrücke ist Kernelement der Planung. Oben zu sehen der Szenarioplan des Hauptbahnhofentwurfs, die Linien zeigen die Richtungen der unten zu sehenden zwei Schnitte an. Am Bahnverkehr und ÖPNV ändert sich im Prinzip nichts. Auch die Fahrgastströme werden nicht wesentlich entzerrt, da es weder zusätzliche Zugänge zu den Gleisen noch neue Konzepte für den Umstieg zu den U- und S-Bahnen gibt. Die Bahnhofshalle selbst bleibt im Bestand und wird nicht geändert. Die in der Ansicht von Süden zu sehenden Treppenabgänge zu den Fern- und Regionalbahngleisen existieren an ähnlicher Stelle bereits heute. Quelle: bof-architekten.

An den verkehrlichen Verhältnissen ändert der Entwurf für den Hauptbahnhof nichts. Er enthält keine neuen Bahnsteige, keine neuen Gleise. Auch Bus, U- und S-Bahn werden vom Konzept im Prinzip nicht berührt. Auf den am Hauptbahnhof immens wichtigen Fußgängerverkehr, die Fahrgastströme, wird der Entwurf nur wenig Einfluss haben, denn es gibt weder neue Zugänge zu den Gleisen, den umliegenden Schnellbahnstationen, noch ändert sich in der Bahnhofshalle Wesentliches oder wurde sich ein neues Konzept für die Fußverkehrsströme überlegt.

Natürlich schafft die Öffnung zur Bustrasse auf der Steintorbrücke am Südsteg massig Platz für viele Fahrgäste, was die Fahrgastströme möglicherweise etwas entzerren könnte. Aber der Großteil der Umsteigner möchte nicht zum Bus, sondern zu den U- und S-Bahnen. An den Abgängen zu U- und S-Bahn ändert sich aber im Wesentlichen nichts. Und Fußgänger sind sehr umwegssensibel. Ich würde erwarten, die Leute werden nach wie vor auf direktem Weg vom Südsteg zur U1/U3 oder zur S-Bahn laufen, um sich weiter zu ihren städtischen Zielen abseits des Hauptbahnhofs zu bewegen. Nur, dass es nochmal 50 Prozent mehr sind als heute. In den gleichen bereits heute überlasteten Verteilerebenen und Bahnsteigen des Schnellbahnnetzes, die angesichts der räumlichen Enge im Hauptbahnhofumfeld auch kaum erweitert werden können.

Für den Betrieb und die Zuverlässigkeit des Bahnknoten und die Abwicklung der Fahrgastströme des Hamburger ÖPNV ist der Wettbewerbssieger aber im Prinzip völlig irrelevant und bringt keine relevanten Verbesserungen im Vergleich zum Status Quo. Das wurde im Zuge des Wettbewerbs auch kritisiert, unter anderem von einem Architekturbüro, das einen Alternativentwurf vorstellte, der einige Monate im Museum für Kunst und Gewerbe ausgestellt war.

In diesem Alternativentwurf wurde zumindest versucht, den Fußverkehr am Hauptbahnhof in den Fokus zu rücken. Aber zum Einen sind diese Ideen von der Stadt und der Bahn ignoriert worden, weil die im Wettbewerb geforderten Gewerbeflächen nicht enthalten waren. Zum anderen bezweifle ich, selbst wenn diese Ideen umgesetzt würden, dass diese Maßnahmen ausreichten, um den Hauptbahnhof fit zu machen für 750.000 Fahrgäste täglich.

Die Wachstumsmöglichkeiten des Hauptbahnhofs sind endlich – irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht

Und an der Stelle hört das Problem nicht auf: Mit dem bestehenden Hauptbahnhof könnte es ein Ding der Unmöglichkeit sein, eine Lösung zu vertretbarem Aufwand zu finden. Denn der Platz ist schlicht begrenzt. Ab einer bestimmten Fahrgastmasse ist es bei den räumlichen Rahmenbedingungen nahezu unmöglich, die Fahrgastströme zu entzerren. Man kann die Bahnsteige und Stege im Prinzip nicht verbreitern. Und der Großteil der Fahrgäste will ja auch nicht am Hauptbahnhof bleiben, sondern zu den umliegenden U- und S-Bahnzugängen und deren Verteilerebenen. Deren Kapazität ist auch nicht unendlich, und neue können im Prinzip auch so gut wie nicht gebaut werden.

Der neue Tunnelbahnhof der S-Bahn, der im Zuge des Verbindungsbahnentlastungstunnel gebaut wird, ist ja nur ein Ersatz für den entfallenden heutigen S-Bahnsteig in der Bahnhofshalle, er stellt also nur den Status Quo wieder her und bietet keinerlei zusätzliche Kapazitäten. Und die neu hinzukommende U5 wird schlicht die beiden bisher ungenutzten Röhren der bestehenden Haltestelle Hauptbahnhof Nord nutzen, auch hier wird es keine wesentlichen Steigerungen der Fußverkehrskapazitäten geben. Es bliebe nur zu hoffen, dass die U5 dafür sorgt, dass möglicherweise ein gewisser Prozentsatz der heute zur U1 und U3 gehenden Fahrgäste vom Hauptbahnhof Süd nach Hauptbahnhof Nord abwandert (wo heute deutlich weniger los und noch mehr Luft nach oben ist).

Aber ob und wie man sich überlegt hat, wie 750.000 Menschen täglich über die schmalen Bahnsteige, weiter durch die bereits heute völlig überlasteten Nord- und Südstege und weiter durch die Abgänge zu den Schnellbahnlinien zu bekommen sind – ich weiß es nicht, jedenfalls habe ich dazu noch nie etwas öffentlich gelesen oder gesehen. Und 750.000 Menschen sind nur die Zielprognose für 2040. Was passiert danach, ist vielleicht sogar mit noch mehr Zügen und Menschen zu rechnen? Raum für Entlastung ist am Hauptbahnhof kaum. Er ist eingeengt von Straßentunneln, U- und S-Bahntunneln und Tiefbunkern.

Der VET sorgt für weniger Umsteiger am Diebsteich und für noch mehr Verkehr am Hauptbahnhof

Die Ausgangslage am Hauptbahnhof ist also ohnehin schon nicht ideal. Nun sorgt der VET in seiner bisherigen Form aber dafür, dass der Fernbahnhof Diebsteich kaum zum Umstieg vom innerstädtischen Verkehr zum Fern- und Regionalverkehr genutzt werden wird.

Denn die S1, die ehemals noch Fahrgäste aus dem Hamburger Westen in Altona in den Fernzug brachte, fährt nun am Fernbahnhof vorbei. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Fahrgäste, die dort bereits in der S-Bahn auf direktem Weg zum Hauptbahnhof sitzen, nochmal in die Gegenrichtung umsteigen und zurück nach Norden zum Diebsteich fahren.

Gleiches gilt für die zukünftig zu bauende S6. Während Verbände wie der VCD forderten, sie über Diebsteich zu planen, ist das mit der bisherigen VET-Planung nicht mehr möglich. Die S6 nach Lurup/Osdorfer Born wird hier am Abzweigbauwerk Kaltenkircher Platz ausgefädelt. Fahrgäste, die zum Fern- und Regionalverkehr umsteigen möchten, müssten also an der Holstenstraße umsteigen und in die Gegenrichtung zum Diebsteich fahren. Wer macht das, wenn er auch einfach direkt weiter zum Hauptbahnhof fahren könnte?

Somit zementiert der VET für die nächsten Jahrzehnte, dass Diebsteich als Fern- und Regionalbahnhof unbedeutend bleiben wird. Er verbaut die Chance, der Stadt neben dem Hauptbahnhof einen zweiten wichtigen Fern- und Regionalbahnhof zu erhalten und somit auch den Hauptbahnhof von Fahrgästen zu entlasten.

Der VET in seiner jetzigen Form ist im Grundkonzept fehlerhaft – er ist die Antwort auf eine falsch gestellte Frage

Fassen wir die öffentlich verfügbaren Informationen mal zusammen, ergibt sich meiner Meinung nach folgendes Bild:

  • der VET wird enorm viel Geld kosten
  • der VET wird den ÖPNV und den übrigen städtischen Kfz-Verkehr für mindestens ein Jahrzehnt zeitgleich zur Sanierung/Abriss/Neubau der Elbbrücken massiv beeinträchtigen, was starke Fahrgastverluste zur Folge haben wird und die Ziele der Verkehrswende untergräbt
  • er löst trotz des formulierten Anspruchs, ein zukunftsfähiges Projekt für das nächste Jahrhundert des Eisenbahnknoten Hamburgs zu sein, nur eines von mehreren großen Problemen
  • für das Kernproblem, die Überlastung des Hauptbahnhofs, bietet er keine Lösung, sondern trägt sogar massiv zu einer Verschlechterung der Situation bei, da er – wie auch alle anderen Maßnahmen – nur zusätzliche Verkehre auf den bereits heute überlasteten Hauptbahnhof leitet und gleichzeitig für Jahrzehnte festschreibt, dass Diebsteich für Fahrgäste aus dem Hamburger Westen kaum genutzt werden wird (kein Anschluss an S1 und S6 möglich)
  • dieser notorisch überlastete Hauptbahnhof ist möglicherweise kaum für die zu erwartenden Zusatzverkehre ausbaufähig; möglicherweise funktioniert es für den Eisenbahnbetrieb in der Theorie, aber wie die zusätzlichen Massen an Fahrgästen bewältigt werden sollen, scheint völlig unklar

Man will also einen VET für die S-Bahn als Jahrhunderprojekt für voraussichtlich mindestens einen zweistelligen Milliardenbetrag bauen, lähmt mit ihm für über ein Jahrzehnt den Hamburger ÖPNV und Straßenverkehr, um damit am Ende 150 zusätzliche Züge und 250.000 zusätzliche Fahrgäste zu einem Bahnhof zu führen, der bereits heute völlig überlastetet ist. Und für den es kein Konzept gibt, wie man mit diesen zusätzlichen Menschenmassen umgehen kann. Für den es angesichts der baulichen und räumlichen Grenzen an seinem aktuellen Ort möglicherweise auch gar kein zufriedenstellendes Konzept geben kann.

Natürlich ist es für den Neubau von Infrastrukturen und deren Anbindung an den Bestand unvermeidlich, dass es zu Sperrungen und bauzeitlichen Einschränkungen kommt. Dagegen ist prinzipiell auch gar nichts einzuwenden. Aber dann sollte es doch bei so einem als Jahrhundertprojekt bezeichneten Vorhaben hinterher auch spürbare Verbesserungen geben, die auch wirklich zukunftsfähig sind.

Und an der Stelle zeigt der VET meiner Meinung nach ganz offensichtlich, dass er dem Anspruch eines Jahrhundertprojekts nicht gerecht wird. Ganz im Gegenteil. Beim VET in seiner aktuellen Form liegt ein schwerwiegender und grundsätzlicher Konzeptionsfehler vor, weil er den Hauptbahnhof zusätzlich belastet, statt ihn zu entlasten.

Der VET ist die Antwort auf eine falsche Frage. Die Frage, die man sich angesichts der Situation des Hauptbahnhofs hätte stellen müssen, bevor man alles auf den VET setzt ohne ernsthaft Alternativen zu prüfen, hätte lauten müssen: Was sind die drängenden Probleme des Bahnknoten Hamburgs, welche Möglichkeiten einer Neukonzeption gibt es und welche davon ist die sinnvollste? Statt aber grundsätzlich zu überlegen, wie man mit viel Geld eine Neuordnung des Bahnknotens Hamburg zur Entzerrung der Verkehrströme und Entlastung des Hauptbahnhofs erreichen könnte, hat man mit der nun verfolgten Planung des Verbindungsbahnentlastungstunnels nur in den bestehenden Strukturen gedacht, wodurch leider auch die bestehenden Probleme gefestigt werden.

Und daher habe ich für mich folgendes Fazit gezogen: Da der Hauptbahnhof im Prinzip nicht zu vertretbaren Aufwand für die zusätzlichen Verkehre erweitert werden kann, kann die einzige Lösung für den Knoten Hamburg nur die Entzerrung der Verkehrsströme und mehr Dezentralität sein. Das sehe ich übrigens nicht allein so, auch andere Akteure im norddeutschen Verkehrsbereich sehen das ähnlich. Der VET tut genau das Gegenteil, er zementiert die zentrale Rolle des überlasteten Hauptbahnhofs für das nächste Jahrhundert, und damit schreibt er auch all die Nachteile dieser bereits heute bestehenden Überlastung fest.

Das absurde ist, dass zu keinem Zeitpunkt (jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit nachvollziehbar) ernsthaft Alternativen zum S-Bahn-VET diskutiert und geprüft wurden. Die einzige Frage, die bezüglich Alternativen zum VET gestellt wurde, war, ob nicht auch ein Fernbahntunnel möglich wäre. Aber zwingend zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich, zwingend mit Tunnelfernbahnhof am Dammtor und zwingend mit maximal 12,5 bzw. 8 Promille Steigung, um güterzugfähig zu sein. Dass diese Lösung keine umsetzbare Alternative darstellt, ist so offensichtlich, dass es offenbar nicht mehr als das weiter oben angesprochene 14-seitige Kurzgutachten gebraucht hat, um sie zu verwerfen.

Ich halte den VET angesichts der massiven Nachteile, den zu erwartenden Fahrgastverlusten während der Bauzeit und dem beschränkten Nutzen des VET nach Fertigstellung schlicht für eine schlechte Idee.

Ziel eines Konzepts für den Bahnknoten Hamburg für die kommenden 100 Jahre und die Verkehrswende kann meiner Meinung nach nur sein, die zentrale Stellung des Hamburger Hauptbahnhofs zu brechen und die Fahrgastströme insbesondere der regionalen und innerstädtischen Verkehre besser polyzentral zu verteilen und die durch die Renovierung der Elbbrücken schmerzlich sichtbarwerdende fehlende Resilienz des Netzes zu verbessern. Mit dem Verbindungsbahnentlastungstunnel wird das aber im Prinzip so gut wie unmöglich, da er bestehende Probleme festigt und so viel Geld und Personal binden wird, dass weitere Projekte unmöglich werden.

Es müssen Lösungen gefunden werden, wie die lokalen und regionalen Verkehre nicht mehr nahezu ausschließlich über den Hauptbahnhof laufen. Damit meine ich gar nicht mal nur die Züge an sich, sondern vor allem auch die Menschen in diesen Zügen. Gleichzeitig muss dabei die zentrale Stellung des Hauptbahnhofs im übergeordneten Fernverkehr größtenteils beibehalten werden. Das heißt, Hamburgs Eisenbahnnetz muss übergeordnet neu konzipiert und strukturiert werden, um den Hauptbahnhof zu entlasten statt weiter zu belasten und es widerstandsfähiger gegen Ausfälle zentraler Streckenabschnitte zu gestalten.

In welche Richtung man denken könnte, habe ich im zweiten Teil des Beitrags skizziert.

Wie immer freue ich mich sehr über Rückmeldungen und insbesondere über Gegenmeinungen. Nutzen Sie dafür gerne das bereitgestellte Kontaktformular.

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